Liebe Heilige Maria,
entschuldige bitte, wenn meine Anrede etwas schlicht daher kommt. Aber alle Titel, die wir für dich haben, würden jede Briefform sprengen.
In diesem Monat Dezember schaut die ganze Menschheit auf dich. Und, wenn ich genau bin, auf deinen Bauch. Wir sind dir nämlich jedes Jahr aufs Neue dankbar, dass du uns vor langer Zeit den Erlöser geboren hast.
Ich weiß, dieses Gedenken und die Freude über Jesu Geburt haben bei uns zum Teil unsinnige Formen angenommen. Ihr im Himmel macht euch wahrscheinlich darüber lustig. Oder rauft ihr euch die Haare über unseren Unverstand? Ich glaube auch, dass weniger Aufwand und keine Nebenschauplätze, dafür aber echte Freude über jedes Kind, das geboren wird, mehr im Sinne des Erfinders von Geburt und Leben wäre.
In so mancher Adventsstunde gehen meine Gedanken zu den Jahren zurück, in denen ich selber mit Bauch Weihnachten gefeiert habe. Das waren besondere Feste. Und ich fühlte mich dir noch stärker verbunden als ich es über meinen Namen sowieso schon bin.
Deine Schwangerschaft war ja damals ein kleiner Skandal und die Base Elisabeth deine Zuflucht. Ja, ja, davon erzählen wir uns heute noch.
Aber wie ging es weiter? Als du mit Jesus und Josef nach Hause kamst. Hat sich die Dorfgemeinschaft über deine kleine Familie gefreut? Waren Anna und Joachim stolze Großeltern? Haben sie dich unterstützt, wenn du Hilfe brauchtest? Ich stelle mir vor, du musstest aufs Feld, in den Stall, hattest keinen Wasseranschluß im Haus, keine Waschmaschine und keinen Geschirrspüler. Jesus blieb ja auch kein Einzelkind. Selten hat man als Mutter alle Rangen gleich gut im Blick.
Da sitze ich und stille unseren Simon. Ein Kontakt mit den beiden Großen kann nie schaden: Deborah, wo bist du? – Ich sitze auf dem Kissen. – Und wo ist Jakob? – Der ist unterm Kissen. Geschwister sind eine Schule fürs Leben.
Liebe Maria, was hast du deinen Kindern erzählt als sie in das Wieso-Weshalb-Warum-Alter kamen?
Mutti, wo war ich, bevor ich auf die Welt kam? – Du bist in meinem Bauch gewachsen. – Nein, noch vorher!
Unsere Kinder können sich erstmal keine Welt ohne sich selbst vorstellen. Und das geht uns Eltern ja ebenso. Wir können uns das Leben ohne unsere Kinder sehr schnell auch nicht mehr vorstellen. Obwohl wir uns stundenweise danach sehnen. Gut, für Jesus war das -wo war ich davor- wahrscheinlich gar kein Thema. Aber du wirst allen deinen Kindern mit deiner Erziehung Wurzeln gegeben haben. Jesus nicht ausgenommen.
In den Evangelien lesen wir wie Jesus Menschen gefunden hat. Für seine Wunder, die Verkündigung, als Beispiel und einfach nur so als Freunde und Freundinnen. Hat er das schon als Kind gern gemacht? So Dinge finden zum Beispiel?
Deborah brachte mal fast jeden Tag einen gefundenen Knopf nach Hause. Fand ich nicht so toll und verbot es ihr. Nur kurz hielt es, dann brachte sie wieder einen mit: Mutti, das ist ein ganz besonderer Knopf. Da ist noch der Faden dran!
Jedes unserer Kinder ist etwas Besonderes und wir wünschen uns sehnlichst, dass der Faden zwischen uns und ihnen nie reißt. Aber dir, Maria, hat es dann das Herz zerrissen. Dieser Schmerz muss furchtbar gewesen sein.
Wenn unsere Kinder krank sind, krumme Wege gehen, ihren Wurzeln nicht trauen und die Flügel fürs Leben noch nicht tragfähig sind, dann tut es auch uns im Herzen weh. Dann bitten wir dich und alle Heiligen um himmlischen Beistand.
Übrigens, grüß bitte auch deinen Josef von mir. Es ist eigentlich erstaunlich, dass die Evangelisten, allesamt Männer, über gerade diesen deinen Mann so wenig bis fast garnichts geschrieben haben. Dabei hat Gott ihm seinen Sohn, quasi sich selbst anvertraut. Mehr geht eigentlich nicht. Waren die Evangelisten eifersüchtig?
Ich freue mich echt auf den Tag, an dem ich auf alle meine Fragen mal Antworten bekomme.
Am Adventskranz brennen ab morgen drei Kerzen. Am Heiligen Abend beschert uns der geschmückte Baum eine Kaskade von Licht. Zur Ehre dessen, der das Licht der Welt sein will. Und dem du Raum in dir gegeben hast.
Möge das Licht doch auch in uns immer wieder neu geboren werden. Damit wir leuchten für den Frieden in der Welt.
Liebe Heilige Maria, ihr alle werdet hoffentlich auch im Himmel Jesu irdischen Geburtstag feiern.
Also, fröhliche Weihnachten! wünscht euch eure Maria