Brief in die Ewigkeit, Newsletter Nr. 5, 11. Juli 2021

Lieber Heiliger Benedikt,

am heutigen 11. Juli feiern wir Ihren Ehrentag.
Es ist nicht Ihr Geburtstag, auch nicht Ihr Todestag. Nein, es ist der Tag, an dem Sie von einem Grab ins andere Grab umgezogen sind. Vom Kloster auf dem Monte Cassino nach Fleury in die Nähe von Orleáns. Man weiß nicht genau, wann das stattfand und man weiß auch nicht sicher, ob aus dem zerstörten Kloster die richtigen Gebeine umbestattet wurden, und auch nicht alle Benediktiner feiern diesen Tag in Ihrem Gedenken, aber nach 1300 Jahren ist das wahrscheinlich allen egal.

Ich schreibe Ihnen heute unter anderem als einem der sechs Schutzpatrone Europas.
Darin sind Sie mir wichtig. Nur vermute ich, dass vorher kein Mensch gefragt hat, ob Sie das überhaupt wollen. Sie waren 1964 der Erste, später kamen Kyrill und Methodius, Katharina von Siena, Birgitta von Schweden und Edith Stein hinzu. Das war ein Prozess von 35 Jahren und die Frauen wurden mal wieder als letzte benannt. Nein, ich reg mich da jetzt nicht drüber auf!
Ich denke einfach, wie Sie wahrscheinlich auch gedacht haben: OK, dann lasst uns mal machen!
Darf ich fragen Herr Benedikt, was sie Alle gedacht und gemacht haben, als Großbritannien sein eignes Europa sein wollte? Vielleicht vermische ich jetzt Tatsachen und Fakten, die nur bedingt miteinander zu tun haben, aber schade ist es trotzdem.

Übrigens, dank Ihrer Ordensregeln kann fast jeder bei uns drei Worte Latein.
Ora et labora. Bete und arbeite.
Die sich an die von Ihnen aufgestellte Reihenfolge halten, sind dann schon nicht mehr soo viele. Auch schade.

Ich habe gelesen, dass Sie mit Ihren Ordensregeln das ganze abendländische Mönchtum strukturiert haben. Mein Vater war Planungsingenieur, da sind Sie mir gleich noch ein Stück näher gekommen.
Stellen Sie sich vor: ich hatte den Vorsatz, Ihre Regeln mal alle zu lesen. Aber ehrlich gesagt: schon der Prolog hat mir zum Nachdenken gereicht. Zu den 73 Kapiteln bin ich garnicht erst gekommen.
Wissen Sie lieber Benedikt, welcher Satz mich in Ihrer Einleitung am meisten erwischt hat? Ich zitiere:
„Vor allem: wenn du etwas Gutes beginnst, bestürme Gott beharrlich im Gebet, er möge es vollenden.“
Ich lebe ja nun nicht im Kloster. Trotzdem: das ist auch für mich geschrieben! Ich fühle mich nämlich stark und eigenverantwortlich. Ich beginne und ich beende. Ich bin mir zwar bewußt, dass ich die Konsequenzen meines Handelns nicht schlußendlich kenne. Aber ich muss zugeben: nur selten bat ich bisher meinen Gott um eine gute Vollendung seinerseits. Bitte beachten Sie das Präteritum!

Es ist vielleicht vermessen, aber wissen Sie was? Für mich ist meine Gemeinde St. Hubertus „mein Kloster“. Hier treffe ich mich mit anderen Christen zum gemeinsamen Gebet und zum Glauben teilen, zum Kraft tanken und zur gegenseitigen Anteilnahme, zur Geselligkeit und zum fröhlichen Feiern.
Zugegeben: die Gemeinschaft ist schwankend. Zur Zeit sind wir soo wenige.
Sie wissen ja bestimmt, dass der Mindestabstand lange Zeit den meisten Platz beansprucht hat.
Aber, das wird wieder anders. Zumindest haben wir uns das in der ganzen Pfarrei St. Martin vorgenommen! Und wenn wir Ihre zitierte Regel beherzigen, dann klappt das bestimmt auch.

Lieber Heiliger Benedikt, heute möchte ich mit Ihnen und allen Heiligen gemeinsam dafür beten.
Ein Gebet, das Sie selber ins Wort gehoben haben und das in den vielen Jahren nicht verloren ging.

Verleih mir, gütiger und Heiliger Vater, in Deiner Huld:
einen Verstand, der Dich versteht,
einen Sinn, der Dich wahrnimmt,
einen Eifer, der Dich sucht,
ein Herz, das Dich liebt,
ein Tun, das Dich verherrlicht,
eine Geduld, die auf Dich harrt.
Gib mir Deine heilige Gegenwart, einen guten Tod und eine glückliche Auferstehung im Ewigen Leben. Amen.

Lieber Benedikt, wir sehen uns irgendwann und bis dahin grüßt Sie und alle anderen Europa-Beschützer

Ihre Maria Schmidt