Impuls am Donnerstag, 25. Februar 2021 – 1. Woche der Fastenzeit
Beginnen wir unsere heutige Liturgie im Namen dessen, der uns ins Leben gerufen hat und uns durch unser Leben begleitet: im Namen des Vaters + des Sohnes + des Heiligen Geistes. Amen.
Bittgebet
Beten ist das Dach der Welt
das bis in den Himmel reicht
denn Gott lässt mit sich reden
in der Erstickungsgefahr deines Innern
kannst du hörbar aufatmen
bis zu Gott hinauf
das Unerhörte deines Lebens
findet ein offenes Ohr
und dein Bittgebet ist schon Erhörung
denn bittend bist du doch bereits
mit deinem Gott
auf du und du
und ist nicht
ER
dein alles
(Andreas Knapp)
In den liturgischen Texten des heutigen Tages geht es um das Bittgebet: Gott zu bitten in unseren menschlichen Nöten, den kleinen wie den existentiellen. Das Erste Testament überliefert uns das inständige Gebet der Königin Ester (Est 4,17 – die heutige Lesung):
17 In jenen Tagen wurde die Königin Ester von Todesangst ergriffen und suchte Zuflucht beim Herrn,
und sie betete zum Herrn, dem Gott Israels:
Herr, unser König, du bist der Einzige.
Hilf mir!
Denn ich bin allein und habe keinen Helfer außer dir;
die Gefahr steht greifbar vor mir.
Von Kindheit an habe ich in meiner Familie und meinem Stamm gehört,
dass du, Herr, Israel aus allen Völkern erwählt hast;
du hast dir unsere Väter aus allen ihren Vorfahren als deinen ewigen Erbbesitz ausgesucht
und hast an ihnen gehandelt, wie du es versprochen hattest.
Denk an uns, Herr!
Offenbare dich in der Zeit unserer Not und gib mir Mut,
König der Götter und Herrscher über alle Mächte!
Leg mir in Gegenwart des Löwen die passenden Worte in den Mund
und stimm sein Herz um…
Uns aber rette mit deiner Hand!
Hilf mir, denn ich bin allein und habe niemand außer dir, o Herr!
Vielleicht haben auch Sie schon einmal ähnlich inständig gebetet, Gott um Beistand angefleht: „Hilf mir – denn ich bin allein und habe niemand außer dir, o Herr!“ Ist es das Ringen um den sprichwörtlichen Strohhalm oder nicht eher um innere Gelassenheit – quasi die Spuren der Hoffnung, die im eigenen Herzen noch wohnen, zusammenkratzen und sich glaubend an Gott wenden, um sich selbst an Seine Liebe zu erinnern … und es damit zugleich IHM zu überlassen, wie die Sache ausgeht?
Dieses Bittgebet versucht nicht, Gott zu manipulieren (was ohnehin nicht möglich ist), sondern legt das eigene Schicksal (und in Esters Gebet zusätzlich das Schicksal des jüdischen Volkes) in Seine Hände. Bemerkenswert finde ich, dass Ester zunächst das Wirken Gottes in der Geschichte ihres Volkes in ihr Gebet hineinnimmt – man könnte meinen, sie wolle Gott daran erinnern, dass ER doch noch niemals Sein Volk alleingelassen hat. Aber ist es nicht eher eine Art Selbstvergewisserung, ein Sich-Erinnern, was Gott in der (eigenen) Geschichte schon gewirkt hat, wo und wie ich ihn schon erfahren habe?
Durch diese Gedanken vorbereitet, mag sich das heutige Evangelium (Mt 7,7-12) neu erschließen:
7 In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Bittet, und es wird euch gegeben;
sucht, und ihr werdet finden;
klopft an, und es wird euch geöffnet.
8 Denn wer bittet, der empfängt;
wer sucht, der findet;
und wer anklopft, dem wird geöffnet.
„Zu schön, um wahr zu sein!“ Das denkt vielleicht manche(r) beim Lesen oder Hören dieser Sätze des heutigen Evangeliums. Doch es drängt sich zugleich die Frage – oder der Zweifel – auf: Wie viele Bitten täglich verhallen (scheinbar) ungehört, werden nicht erfüllt! Was ist mit diesen?
Vielleicht steckt eine falsche Vorstellung hinter diesem Zweifel. Denn Gott ist kein Automat, kein Wünsche-Erfüller. Oftmals mangelt es mir an Geduld und an Weitsicht. Dann gerät mir die Vaterunser-Bitte „Dein Wille geschehe“ aus dem Blick und sehe ich allein das, was ich mir wünsche oder vorstelle. Gottes Blick aber geht weiter und tiefer.
Vielleicht ist es zutiefst eine Frage des Vertrauens:
dass Gott uns gibt, was wir wirklich brauchen;
dass ER uns finden lässt, was wir suchen – auch wenn es anders aussieht, als wir es uns vorgestellt haben;
und dass ER uns öffnet, wenn wir bei IHM anklopfen.
ER, der uns unendlich liebt, wartet vermutlich vor allem darauf, uns öffnen zu dürfen – im doppelten Sinn.
9 Oder ist einer unter euch,
der seinem Sohn einen Stein gibt, wenn er um Brot bittet,
10 oder eine Schlange, wenn er um einen Fisch bittet?
11 Wenn nun ihr, die ihr böse seid,
euren Kindern gute Gaben zu geben wisst,
wie viel mehr wird euer Vater im Himmel denen Gutes geben, die ihn bitten.
Gerne würde ich den Satzteil „die ihr böse seid“ überlesen, wegstreichen – ich stoße mich daran. Vielleicht legt der Evangelist diese Worte Jesus in den Mund, um „gut“ und „böse“ einander gegenüberzustellen: Wenn also schon wir Menschen, die wir in vielerlei Hinsicht begrenzt sind, in der Lage sind, unseren Kindern Gutes zu geben – wie viel mehr wird Gott, der Gute schlechthin, uns, Seinen „Kindern“, Gutes geben!
Vertraue ich darauf, dass Gott mir – in allem! – Gutes schenkt?
Gönnen Sie sich einen Moment der Stille, um die Worte aus Lesung und Evangelium noch nachklingen zu lassen.
…
In unseren Herzen tragen wir die uns anvertrauten Menschen und Nöte. Bitten wir Gott um Seinen Beistand in all diesen Anliegen…
Herr, erbarme Dich!
Beten wir mit den Worten Jesu zu seinem und unserem Vater:
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde Dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn Dein ist das Reich
und die Kraft und die Herrlichkeit
in Ewigkeit. Amen
Meine Seele ruht in dir
Du, Gott,
nimmst mich wahr
in meiner innersten Bedürftigkeit.
Meine Seele ruht
in dir.
Du heilst das Versehrte,
du schützt das Gefährdete,
du wärmst das Erstarrte;
was gebeugt ist in mir,
richtest du auf.
Du befriedest das Erschreckte,
du birgst das Verängstigte,
du durchlichtest das Verfinsterte;
was darbt in mir,
nährst du.
Du tröstest das Bestürzte,
du belebst das Verkümmerte,
du löst das Verkrampfte;
was zur Reife kommen will,
behütest du.
Meine Seele ruht
in dir.
(Antje Sabine Naegeli)
So segne und begleite uns und alle Menschen, die uns am Herzen liegen, und die, die vergessen sind, der liebende, treue, unbegreifliche Gott: der Vater + der Sohn + der Heilige Geist. Amen.
Fotos + Text: Elisabeth Meuser