November – abschiedlich leben

Schon die Natur sagt uns: Achtung – es ändert sich was.
Abschied ist angesagt. Das Grün verabschiedet sich, die Blätter fallen.
Das Licht der Sonne, das Licht des Tages verabschiedet sich immer früher,
so dass wir viele Stunden im Dunkeln leben und arbeiten.

Vielen Menschen schlägt das auf die Stimmung. Das Leben weicht ein Stück weit aus uns.
Lethargie, Traurigkeit, ja Depression greifen uns jetzt leichter an als zu anderen Jahreszeiten.
Wir spüren mehr als sonst die Vergänglichkeit und die Gebrechlichkeit des Lebens.

Das Kirchenjahr neigt sich dem Ende zu. Wir feiern kirchliche und staatliche Totengedenktage:
Allerseelen (2.11.), Volkstrauertag (1 Woche vor Totensonntag), Buß-und Bettag, Totensonntag (Ewigkeitsonntag). Wir gedenken der Menschen, die von uns gegangen sind.

Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen und ihre Flügel bringen Heilung. (Mal 3,20) Und doch wird euch kein Haar gekrümmt werden. Wenn ihr standhaft bleibt, werdet ihr das Leben gewinnen. (Lk 20,38) Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn leben sie alle. (Lk 20,38)
Dieser „dunkle“ Monat ist eingefasst vom Fest Allerheiligen am 1.11.  (es feiert Menschen, die schon „im Licht“ angekommen sind) und das Christkönigfest: (Christus als wiederkehrender König) am letzten Sonntag des Kirchenjahres. (Ewigkeitssonntag) Egal, wie schlimm es auf Erden auch zugeht, die Aussicht auf die Herrschaft des „guten Königs“ Jesus steht uns vor Augen. Trotzdem müssen wir uns dem „Abschliedlich leben“ zuwenden.
Wir müssen MIT DEM STERBEN LEBEN! Mitten im Leben sind wir „vom Tod umfangen“. Denn „alles hat seine Zeit“, schreibt Kohelet im AT „Geborenwerden hat seine Zeit, Sterben hat seine Zeit“ (Koh 3) Wir müssen dem Tod ins Auge blicken.
„Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir KLUG werden“ Ps 90,1 FRAGEN, die uns die Klugheit aufgibt:

  • Was schiebe ich auf?
  • Was ist wirklich wichtig?
  • Was gilt es JETZT zu leben?
  • Was müsste anders sein oder werden?
  • Was hält mich ab, HEUTE das Wesentliche zu tun?
1 Tim 6,7: „Was haben wir denn in die Welt mitgebracht? Nichts! Und wir werden auch nichts mitnehmen können, wenn wir sie verlassen.“
Da wir nichts mitnehmen können, keine Menschen, keine Dinge,
MUSS DAS ZIEL UNSERES LEBENS IN UNS SELBER LIEGEN!
Welche ZIELE könnten das sein? Was sollten wir im Auge behalten?
(Achtung: Keinen Leistungskatalog aufstellen.) Mögliche Ideen aber könnten sein:
• Soweit möglich, uns nicht allzu sehr verzetteln
• Das Gefühl innerer Gelöstheit vermehren
• Menschwerden, ein ganzer, gereifter, gelassener Mensch
• Die Fülle des Lebens, die wir oft so umtriebig im Außen suchen, in uns selber finden.
Dieses Wissen und diese Erfahrung können uns aus dem Verlangen nach IMMER MEHR, aus Angst und Misstrauen herausführen.
Jesus sagt es so: „Das Himmelreich (die Fülle des Lebens) ist inwendig in euch“ (Lk 17,23).

Um diesen Himmel zu erreichen, müssen wir nicht außen hetzen, rennen und jagen, in der Welt der Dinge, der Menschen, der Leistungen und Erfolge. Der christliche Mystiker Angelus Silesius formulierte im 17.Jh.:
„Halt ein, wo rennst du hin? Der Himmel ist in dir!
Suchst du ihn anderswo – du (ver-)fehlst ihn für und für“.

Hermann Hesse im Stufengedicht: „Wohlan denn, Herz, nimm Abschied – und gesunde!“

Ein ZAUBERWORT fürs Abschiednehmen ist DANKBARKEIT.
Am ENDE – zum Ende des Kirchenjahres – feiern wir die Königsherrschaft des Christus! Die „Krönung“ nicht nur des Lebens Jesu und nicht nur des Kirchenjahres: Der Weg Jesus ist UNSER ALLER WEG. ER hat uns ein TESTAMENT hinterlassen:
Rebekka-Chiara Hengge